Als ich zum ersten Mal ein Rehkitz ganz nah sah, stand ich wie versteinert und war hin- und hergerissen zwischen Staunen und dem Wunsch, sofort zu helfen. Heute weiß ich: oft ist das Beste, was wir tun können, nichts zu tun — aber richtiges Beobachten und Verhalten sind entscheidend, um Stress für das Tier zu vermeiden. In diesem Beitrag teile ich meine Erfahrungen und praktische Tipps, wie du das Verhalten von Rehkitzen lesen kannst und wie du sicher und rücksichtsvoll beobachtest.
Warum Rehkitze oft allein liegen
Viele Menschen gehen davon aus, ein allein liegendes Kitz sei verwaist. In Wirklichkeit ist das Gegenteil häufig der Fall. Rehkitze haben evolutionär gelernt, sich möglichst unauffällig zu verhalten: Die Mutter lässt das Kitz in den ersten Tagen allein liegen, um Raubtiere nicht durch Geruch oder Bewegung anzulocken. Die Kitze bleiben dank Tarnfarbe und Immobilität oft stundenlang still.
Worauf ich beim Verhalten achte
Wenn ich ein Kitz sehe, beobachte ich systematisch wenige, aber aussagekräftige Dinge. Sie helfen mir zu entscheiden, ob das Tier in Gefahr ist oder in Ruhe gelassen werden sollte.
Wie dicht ich herangehe — empfohlene Abstände
Ich halte mich bewusst weit zurück. Als Faustregel empfehle ich einen Abstand von mindestens 20–30 Metern, besser 50 Meter, abhängig von Gelände und Sichtlinien. Verwende ein Fernglas oder ein Teleobjektiv (z. B. 300 mm oder mehr), um Details zu erkennen, ohne nah heranzugehen. Auf diese Weise vermeidest du, dass das Kitz aufwacht oder die Mutter fernbleibt.
Was ich niemals tue
Manche gut gemeinte Aktionen schaden mehr als sie nützen. Ich vermeide konsequent folgende Dinge:
Wann eingreifen? Hinweise und Vorgehen
Es gibt Situationen, in denen ein Eingreifen notwendig ist. Diese Fälle kenne ich gut und handle mit Bedacht oder kontaktiere Fachleute.
Wie ich beobachte: praktische Tipps
Meine Beobachtungen folgen einer einfachen Routine, die Stress minimiert:
Fotografie ohne Stress
Als Tierfreund möchte ich natürlich schöne Bilder machen, doch das Wohl des Tiers steht immer an erster Stelle. Einige Regeln beim Fotografieren:
Was tun, wenn du ein scheinbar verlassenes Kitz findest — Schritt-für-Schritt
| Situation | Empfohlenes Vorgehen |
| Kitz liegt ruhig, keine sichtbaren Verletzungen | Mindestens 30–50 m Abstand halten, beobachten, nicht anfassen. Wenn möglich, in Ruhe lassen. |
| Kitz wirkt verletzt oder stark gestresst | Kontakt zur nächsten Wildtierstation oder zum örtlichen Veterinäramt aufnehmen. Notrufnummern bereithalten. |
| Kitz an Straße oder Gefahrenstelle | Absichern, vorbeifahrende Fahrzeuge warnen, Fachstelle kontaktieren. Nur wenn unbedingt notwendig und fachkundig: vorsichtig in sicheren Bereich bringen. |
Rechtliche und ethische Hinweise
In Deutschland stehen Rehe unter Naturschutz. Das bedeutet, dass jede Störung, besonders während der Setzzeit, Folgen haben kann. Ich informiere mich im Vorfeld immer über regionale Regelungen und halte die Empfehlungen von Naturschutzverbänden und Wildtierhilfen ein. Wenn du unsicher bist, rufe lokale Experten an — besser einmal zu viel nachgefragt als falsch gehandelt.
Persönliche Erfahrungen und Anekdoten
Ein Erlebnis bleibt mir besonders im Gedächtnis: Ein Rehkitz lag zwischen Hecken, und ich saß mit mehreren Spaziergängern in respektvollem Abstand. Wir warteten stundenlang — und am Abend kehrte die Ricke zurück und säugte ihr Junges. Dieses ruhige Ende zeigte mir, wie effektiv das „Nichtstun“ oft ist. Solche Momente bestärken mich darin, geduldig zu beobachten und die Wildtiere ihre natürlichen Verhaltensweisen leben zu lassen.
Wenn du möchtest, kann ich dir eine kurze Checkliste im Taschenformat erstellen, die du beim Spaziergang mitnehmen kannst — inklusive Telefonnummern von Wildtierauffangstationen und einem einfachen Entscheidungsbaum. Schreib mir einfach, falls dich das interessiert.